Ich schlafe viel zu lang. Es ist schon Vormittag. Na, ja, jedenfalls bin ich jetzt ausgeschlafen. Ein Samstag wie immer. Was soll man auch schon vorhaben. Ich gehe mit der Nachbarstochter eine lange Gassi-Runde und danach einkaufen. 

Vor Aldi steht ein Mann, der darauf achtet, dass nicht zu viele auf einmal in den Laden gehen. Er bittet mich, zu warten und mich so hinzustellen, dass die Autos noch vorbeifahren können. Dann wird sein Blick verzweifelt. Er sagt - mehr zu sich selber als zu mir - dass er das jetzt schon den ganzen Tag sagen muss. Er könne nicht mehr. Ich zeige Verständnis. Dadurch fühlt er sich animiert, mir seinen Kummer noch weiter anzuvertrauen: Seit Stunden müsse er immer wieder dasselbe sagen: "Bitte nehmen Sie einen Einkaufswagen. Bitte warten Sie. Bitte stellen Sie sich so hin, dass man vorbeikommt". Von vielen Menschen würde er angemeckert. Die Leute werden immer aggressiver. Ich sage, dass könne ich auch beobachten und könne mir vorstellen, wie nervig sein Job sei. Aber man könne ja auch verstehen, warum die Leute immer genervter seien, die Krise sei auch schwer auszuhalten. Da widerspricht er mir. Er käme aus Bosnien. Da habe er ganz anderes erlebt. Er könne die Menschen hier nicht verstehen: Uns ginge es hier doch gut: Es gebe keinen Krieg, keine Bomben. Wir hätten genug zu essen und könnten hier gut leben. Dieser Gedanke begleitet mich heute noch eine ganze Weile. Er hat Recht. Uns geht es hier gut. Und der Klopapiermangel ist echt ein Luxus-Problem. Echte existentielle Probleme haben die meisten hier bei uns noch nicht erlebt. Zumindest nicht in den Stadtteil, in dem wir leben. Dieses Gespräch hilft mir, wenigstens für eine Weile mal wieder dankbar zu sein.